F e r n w e h-Pur... Reportage

Kuala Lumpur:
„Selamat Datang“ in der Gartenstadt der wunderbaren Lichter


„Selamat Datang“: Ein herzliches Willkommen in Kuala Lumpur, der Gartenstadt der wunderbaren Lichter! Was Enrique Iglesias in seinem Song „Rhythm Divine“ ( „All the way to Kuala Lumpur. I will follow you wherever you may be“) besungen hat, möchte ich nun selbst erleben. Ich reise in diese beeindruckende Stadt, die Hauptstadt Malaysias. Sie wird mich wahrscheinlich nie wieder loslassen. Wie ist es zu dieser Liebeserklärung an Kuala Lumpur gekommen?

Petronas TowersIn Singapur, meiner Zwischenstation auf dem Weg nach Kuala Lumpur, komme ich reichlich gestresst an. Da das Flugzeug aus Brisbane über eine Stunde Verspätung hat, wird es knapp. Ich habe noch ca. 40 Minuten Zeit, in denen ich sowohl mein Gepäck als auch mein Ticket im Büro von Air Malaysia abholen muss. Nachdem meine Siebensachen schnell auf dem Laufband auftauchen – ich konnte es nicht „durchchecken“, da ich noch kein Flugticket hatte – steige ich in die Transferbahn. Völlig außer Atem komme ich im Büro von „Air Malaysia“ an. Ich legen dem freundlich lachenden Singapurianer die Buchungsnummer meines Fluges nach Kuala Lumpur vor. Er zögert, versucht jemanden telefonisch zu erreichen und sagt dann entschlossen "No“. Er könne mir das Ticket nicht ausstellen. Ich sei zu spät. Der Flieger würde eh gleich abheben. Verzweifelt schaue ich Ihn an. Das sei ein Bonus-Ticket der KLM. Ich müsse zu KLM, sagt er trocken. Wo ist denn das Büro von KLM, frage ich ihn. Die holländische Fluggesellschaft habe gar kein Büro auf dem Changi Airport, erklärt er. Ich bin immer verzweifelter und flehe ihn fast an. Ich verabschiede mich heimlich von den Petronas Towers, auf die ich mich sehr gefreut hatte. Aber ich gebe nicht auf. Ich habe schließlich einen gültigen Buchungscode und fliege mit „Air Malaysia“. Schweißperlen laufen mir über die Stirn. Es ist wohl der einzige Raum in Singapur, der nicht klimatisiert ist. Es sind noch zehn Minuten bis zum Abflug. Ich biete ihm an, dass ich die Steuern in Singapur-Dollar passend bezahlen könne. Das wirkt überzeugend auf ihn. Ich halte ihm die Dollar-Scheine entgegen. Er nickt und sagt, dass er mir jetzt ein Ticket ausstellen werde. Endlich, das hat aber auch Ewigkeiten gedauert. Ich schnappe mir ein Windeseile den Flugschein und haste in die Bahn, die mich wieder zum richtigen Terminal bringt. Schnell gebe ich das Gepäck an der Abfertigung ab und laufe in Richtung Gangway. Hektisch schaue ich das Sicherheitspersonal an. Es sei schon in Ordnung, ich könne durchgehen. So einfach geht das. Diese Aktion wäre nach dem 11. September 2001 sicherlich nicht mehr möglich gewesen. Ich betrete das Flugzeug der Air Malaysia. Nach mir werden die Türen verriegelt.

Während des sehr kurzen Fluges von ca. 30 Minuten lerne ich eine Südafrikanerin kennen. Sie lebt in Kuala Lumpur. Für sie ist es die schönste Stadt der Welt. Als ich gegen Mitternacht auf dem ca. anderthalb Stunden von der Stadt entfernten Flughafen ankomme, weiß ich, dass Kuala Lumpur etwas Besonderes ist. Das Flughafengebäude passt sich bereits an die chinesisch geprägte Tempelkultur an. Jedem Terminal ist hier ein kleines, präzise ausgearbeitetes und symbolträchtiges Türmchen gewidmet. Eine beeindruckende Kulisse, in der minütlich die großen Jumbo-Jets abheben. Nichts erinnert an die Tristesse europäischerMalayische Tempel Statue Airports. Nun steige ich in den Airport-Bus, der mich ins Zentrum der 1,5 Millionenstadt bringen soll.

Gegen 1.30 Uhr erreiche ich die großen, teilweise vierspurigen Straßen der südostasiatischen Metropole. Hier irgendwo ist meine Unterkunft, erklärt mir der mürrische Busfahrer. Ich zeige ihm nochmals die Adresse meiner reservierten Bleibe. Kuala Lumpur ist zwar recht groß, aber die Pension wird wohl in einer Nebenstraße sein, entgegnet er mir. Schön und gut, ich stehe mitten in der Nacht auf den dunklen, menschenleeren Straßen Kuala Lumpurs. Glücklicherweise entdecke ich einige Leuchtreklamen, auf denen die Namen von Hostels, Hotels oder auch Pensionen stehen. Die mehrstöckigen Häuser stehen hier dicht nebeneinander. Unterhalb der ausgeschilderten Pensionen gibt es kleine Läden, die Kleidung, Tabak oder auch elektronische Geräte verkaufen. Die Pension, bei der ich ein Zimmer reserviert habe, kann ich nicht entdecken. Egal, ich mache mich auf den Weg und bewältige mit über 30 Kilo Gepäck die unzähligen, engen Stufen hinauf zur kleinen Rezeption. Ich bin froh, dass ich noch jemandem im Dienst treffe. Leider sind alle Zimmer besetzt. Ich solle es doch mal gegenüber versuchen. Auch die 20 Meter gegenüberliegenden Herberge ist komplett ausgebucht. Nur nicht den Mut verlieren, denke ich mir. Mittlerweile bin ich nass geschwitzt, was bei über 35 ° Grad und extrem hoher Luftfeuchtigkeit (mitten in der Nacht!) kein Wunder ist. Ich unternehme einen dritten Anlauf und steige zur „Travellers Moon Lodge“ hinauf. Diese Pension, deren Besucher von einem lächelnden Mondgesicht begrüßt werden, hat noch freie Zimmer (ca. 60,- Ringgit Malaysia pro Nacht). Ein großer, hagerer Mann mit einer riesigen Zahnlücke weist mir meine rund zehn Quadratmeter zu. Eigentlich sei dies ein Doppelzimmer, da ich aber so erschöpft aussehe, werde er mir dies als „single room“ berechnen. Dafür funktioniert das Türschloss fast gar nicht. Es ist komplett ausgeleiert und lässt sich bei der kleinsten Berührung auch ohne Schlüssel öffnen. Er werde auf mich aufpassen, entgegnet er auf meine Bedenken. Ich bin erleichtert, dass ich die erste Hürde geschafft habe.

„Breakfast included“ kann ich auf den großen Werbeschildern der „Travellers Moon Lodge“ lesen. Der hagere Mann von gestern Nacht, er scheint wohl 24 Stunden im Einsatz zu sein, zeigt mir den Frühstücksraum: Ein kleiner, mit dunklen Flecken bedeckter Tisch sowie zwei Stühle, auf denen man wegen der Gefahr eines Zusammenbruches sein Gewicht genau verteilen muss. Ich bin nicht allein. Mehrere Kakerlaken, Fliegen etc. haben sich neben der Schranktür eingefunden, als mein gestern erklärter Beschützer den Toast herausholt. Ne, ich habe es mir doch anders überlegt und in diesen frühen Stunden noch keinen Hunger, erkläre ich. Der Appetit ist mir in der Tat vergangen und ich gehe hinunter auf die Jalan Silang. Jalan ist Malay und heißt übersetzt Straße.

Dort erwacht die Hauptstadt Malaysias. Viele Malayen gehen hastig zur Arbeit, einige Gläubige treffen sich zum Gebet. Die indischen Restaurants sind auch zu dieser Zeit schon gut besucht, viele in weiß gekleidete Hindus genießen ein ausführliches Frühstück. Rühreier mit Speck und Toast? Nein, hier werden schon zur ersten Mahlzeit des Tages Chapatis, Naan, Paratha (alles Brote) mit Curry und Reis serviert.

Nach der kleinen, aber recht scharfen Stärkung gehe ich weiter durch die Straßen in Richtung Menara K.L. Tower. In den GassenHari Raya lerne ich die Millionenstadt besser kennen, schaue in die Gesichter der Menschen und verschaffe mir einen Einblick in deren „way of life“. In Malaysia leben knapp 20 Millionen Menschen mit höchst unterschiedlichen Kulturen. Über die Hälfte der Einwohner sind Muslime (53 Prozent), die Buddhisten sind mit 17 Prozent die zweitstärkste Bevölkerungsgruppe. Daneben gibt es noch die Christen (9 Prozent) und Hindus (7 Prozent). Seit dem 16. September 1963 ist Malaysia endgültig von der britischen Krone unabhängig. Damals schlossen sich der Malaiische Bund, Sarawak, Singapur (1965 ausgetreten) und Sabah zur Föderation Malaysia zusammen. Seitdem ist in dem südostasiatischen Land, das sich aus 13 Bundesstaaten (einschließlich Sarawak und Sabah) zusammensetzt, eine stabile parlamentarische Demokratie entstanden. Die offizielle Sprache ist Malay, Englisch ist vor allem in den Ballungsgebieten weit verbreitet.

Der Menara Tower ist mit 421 Metern der vierthöchste Turm der Welt. In rund 276 Metern über den Straßen Kuala Lumpur können die Besucher hier einen atemberaubenden Blick auf die Stadt genießen. Und ich kann sie sehen – die „Petronas Towers“. Die Petronas Towersarchitektonisch sehenswerten „Zwillingstürme“ schießen in die Höhe und verschwinden im Blau des Himmels. Nach asiatischer Auffassung sind die Petronas mit 452 Metern und 88 Stockwerken die höchsten Türme der Welt. Die Amerikaner hingegen sehen den „Sears Tower“ in Chicago als das Ultimum. Während der Turm in den USA „nur“ 443 Meter hoch ist, verfügt er aber über 110 Stockwerke. Dies sind 22 mehr als die Petronas zu bieten haben. In der „Komplett“-Version und in der Mehrheitsmeinung der Weltbevölkerung sind aber wohl die Malaysischen Zwillingstürme die „Top Towers of the World“. Nachdem ich diese „Türme“-Theorie verstanden habe, schreite ich - wieder unten angekommen – an den wunderschönen kleinen Springbrunnen in Wassergräben und der Fahnenstaffel vorbei. Dabei erinnere ich mich nur allzu gerne an den Film „Verlockende Falle“, in dem Sean Connery und Catherine Zeta-Jones auf der beeindruckenden Hochbrücke der Petronas um ihre Leben kämpften.

Nun möchte ich die vermeidlich höchsten Türme der Welt aus der Nähe betrachten. Die Kulisse ist beeindruckend, die Glasfassaden blinzeln in den Sonnenstrahlen um die Wette. Direkt hinter den „Towers of the World“ liegt ein Freizeitpark – ein kleines Naherholungsgebiet mitten im städtischen Leben einer der hektischsten Städte Südostasiens. Junge Familien genießen hier mit ihren Kindern den Tag, ältere Malayen plaudern auf dem gepflegten Grün über die letzten Präsidentenwahlen. Da standen sie auf einmal vor mir: Zwei junge Malay-Frauen mit chinesischer Abstimmung, die unbedingt ein Erinnerungsfoto von mir haben möchten. Etwas überrascht mag ich wohl drein geblickt haben. Wegen meiner höchst europäischen oder eher deutschen Statur bin ich ihnen wohl ein Foto wert. Sie mir auch. Sie würden nicht so häufig blonden Europäern begegnen, erklären sie mir.

Nach dieser gleichermaßen netten wie skurrilen Begegnung möchte ich die Masjad Asy Syakiran Moschee besichtigen, die nur wenige Meter von den Petronas Towers entfernt liegt. Gläserne Moderne trifft hier abendländische Tradition. In Malayischen Moscheen ist es Pflicht, dass sich Frauen mit einem Kopftuch und einem Umhang verhüllen. Dies wird heutzutage auf der Straße oftmals sehr locker gehandhabt, da die jungen, modernen Frauen in Malaysia oftmals die Sitten ihrer Vorfahren aufweichen und teilweise ganz darauf verzichten. Vor der Moschee treffe ich eine junge Frau. Sie schaut verwirrt in die Gegend. Sie wohne nur zwei Stunden von der Stadt entfernt und fragt, ob ich mit ihr zu Hause einen Kaffee trinken möchte. Das kommt mir etwas komisch vor und ich entscheide mich für mein „Touri“-Programm. Sie sind sehr gastfreundlich und zuvorkommend, die Bewohner von Kuala Lumpur.
Batu Caves

Eine Tradition ist auch im Leben „westlich orientierter“ Malayen nach wie vor tief verankert: „Hari Raya“. Das Endfest des Ramadan ist vielerorts ein großes Fest, zu dem auch die „Kuala Lumpur Tourist Association“ ihre Besucher kostenlos einlädt. Dann werden die Touristen in eigens organisierten Bussen zu Familien gebracht, die der Mittelschicht angehören und ein Stück ihrer Kultur und Tradition preisgeben möchten. Ich fahre an diesem Mittag zu einer fünfköpfigen Familie, die in einem kleinen Wohngebiet unweit der Petronas Towers lebt. Sie weiht die Besucher aus Europa, Amerika und Australien in asiatische Kochkunst ein. Ein Duft von Kardamon, Chili, Ingwer, Kreuzkümmel, Nelken und Zimt liegt über dem kleinen, beschaulichen Holzhaus. Reis in selbstgeflochtenen Bananenmantel, bunte Bastdeckchen, asiatische Folklore-Klänge und vieles mehr gibt es hier zu bewundern. Der stolze Hausherr „Puan Hajjah Samsiah“ führt seine Besucher gerne durch sein 66 Jahre altes traditionelles Anwesen und versäumt dabei nicht, seinen Stolz auf die „greatest city in Asia“ zu äußern.

Im geschäftigen Chinatown lasse ich den Tag ausklingen. Dort, auf der Julan Petaling gibt es auch den berühmten Nachtmarkt. Waren aller Art, von Kitsch über „no label“ bis imitierter Designer-Kleidung werden hier angeboten. Natürlich bietet sich auch ein Besuch im „Central Market“ (Pasar Seni) an. Seit 1936 hat der Markt seinen Art-Deco-Stil beibehalten, der sich in seinen blauen und pinken Pasteltöne schnell erkennen lässt.

Am nächsten Morgen freue ich mich auf den „Sri Maha Mariamman Tempel“, der sicherlich zu den farbenfrohsten Bauten Kuala Lumpurs gehört. Der Hindu-Tempel liegt im westlichen Teil des quirligen Chinatowns. Das südindische Gebetshaus wurde erstmalig Tempelim Jahre 1873 errichtet und steht seit 1885 an seinem jetzigen Ort. Viele goldene Götterstatuen schmücken diesen bekanntesten Tempel der Malayischen Hauptstadt. Eine Schlüsselposition nimmt hier der Gott „Shiva“ ein, der zwar im Hinduismus als einer unter vielen Göttern gilt, im Shivaismus aber als Hauptgott verehrt wird. Dort treffe ich Rajah. Er ist Reiseleiter einer Gruppe von wissenshungrigen deutschen Urlaubern. Die Deutschen seien immer so nett und sprächen sehr gut Englisch, erzählt er mir. Das kann man nicht immer von den heimischen Malayen behaupten, mit denen oftmals nur eine bruchstückhafte Kommunikation möglich ist. Kuala Lumpur ist für ihn die tollste Stadt der Welt. Er können sich gar nicht vorstellen, jemals an einem anderen Ort zu leben. Sie sei eine „Gartenstadt der wunderbaren Lichter“. Rajah dreht sich um und erklärt seinen Gästen, warum sie unbedingt ein Foto vom Sri Maha Mariamman Tempel machen müssten. „Alle sollen nach Kuala Lumpur kommen und diese wunderbare Stadt genießen!“ Nachdem ich gestern nacht die wunderbaren Lichter der Stadt sehen konnte, mache ich mich nun auf, die Gartenstadt Kuala Lumpur zu entdecken.

Am „Sungai Kelang River“ genieße die schöne Aussicht auf die historischen Gebäude Kuala Lumpurs. Heute Mittag gibt es eine indische Tanzvorführung am Central Market, zu der sich viele Besucher eingefunden haben. An der Ecke zur Jalan Tuanku Abdul Raham entdecke ich die „Masjid Jamek Moschee“ (Freitagsmoschee). Die Moschee hat britischen Imperialcharakter, kein Wunder bei den beiden „Architekten“ A. C. Norman und A. B. Hubbock. Dieses islamische Gotteshaus ist recht weitläufig und verwirrt durch sein offenes Erscheinungsbild. An einigen Stellen sorgen Kokospalmen für ein subtropisches Flairs. Weiße Balustraden mit einem pinkfarbenen Stich Teracotta faszinieren jedes Jahr Tausende von Besuchern. Einige gläubige Moslems laufen über den weißen Mamorboden, an den vielen Säulen vorbei in den Gebetssaal. Dort ist der Zutritt für Nicht-Moslems verboten.

Die Jalan Tuanku Abdul Raham ist eine verkehrsreiche vierspurige Straße. Ein Gebäude fällt durch seine Pracht und asiatische Eleganz sofort ins Auge: Das Sultan Abdul Samad Building, der „High Court“ von Malaysia. Im Jahre 1894 gebaut, ist der oberste Gerichtshof ein ultimatives Symbol des Britischen Imperium.

Einige Minuten später erblicke ich einen weiteren Prachtbau asiatischer Prägung. Ich denke an einen Palast, der irgendeinem reichen Malayen gehören könnte. Nein, es ist schlicht der Bahnhof von Kuala Lumpur, der hier in keinster Weise an die Tristess deutscher Eisenbahn-Stationen erinnert. Beeindruckend. Wesentlich schlichter, aber nicht wenig modern, sieht da die „MasMasjad A.S. Moscheejid Negara“, die „National Mosque“ aus. Die größte Moschee Malaysias ist extrem weitläufig, unzählige Säulen säumen den Weg der Gläubigen. Die Steine funkeln um die Wette. Der Boden blitzt. Neben einer Bibliothek und einem „Meeting Room“ gibt es hier auch ein Mausoleum, in dem nationale Helden begraben sind. Hier muss ich sowohl meine Haare als auch meinen Körper verhüllen. Dafür sind weite „Umhänge“ bereitgestellt worden. Die jungen Männer machen natürlich auch gerne ein Foto von einer Europäerin, die sich erst an die neue Umgebung und die Kleiderordnung gewöhnen muss. Ich schaue in den zeltartig überdachten Gebetsraum. Hier scheint es für jeden Besucher einen eigenen Ventilator zu geben. Zum Freitagsgebet finden sich hier oftmals über 8.000 Gläubige ein. Da muss schon für eine gute Luftzufuhr gesorgt sein. Auf einmal werde ich von einem älteren Herren zurechtgewiesen. Eine Haarsträhne schaue unter meinem Kopftuch heraus. Ich rücke schnell meine Kleider zurecht und gehe am „Pool“, an dem sich die Deckenverzierung der „Grand Hall“ spiegelt, vorbei zum Ausgang.

Bei meiner nächsten Station wird mir nun endgültig klar, weshalb Kuala Lumpur auch „Gartenstadt der wunderbaren Lichter“ genannt wird. Die „Kuala Lumpur Lake Gardens“ sind ein einziges 70 Hektar großes Paradies aus tropischer Vegetation mit enormer Pflanzenvielfalt. Eine kleine, oder doch eher große Oase in der Hektik der Millionen-Metropole. Dieses Ziel verfolgte auch der Brite Frank Swettenham, als er die Gärten für die Entspannung der Bürger anlegen ließ. Das eher schlichte und altmodische Parlamentsgebäude, das unweit der Gartenanlage liegt, ist weniger sehenswert.

Den Abend genieße ich mit einem entspannten Rundgang durch diese faszinierende City.

Ich stehe an diesem strahlenden Januarmorgen vor den Petronas Towers. Bei ca. 30° Grad und gefühlsmäßig 100 Prozent Luftfeuchtigkeit genieße ich den Ausblick auf die beiden höchsten Türme der Welt. Der Weg, den ich heute zu den Petronas einschlage, ist etwas besonderes. Da die beiden Türme von weitem erkennbar sind, dienen sie natürlich auch als Orientierungspunkt. Also habe ich mir gedacht, dass es doch einfacher sei – anstatt den umständlichen Straßenbeschilderungen zu folgen – den direkten Weg zu gehen. Dieser führt mich durch einen kleinen Stadtteil von Kuala Lumpur. Dieser kleine Abschnitt stellt sich ziemlich schnell als eine der schlimmsten Gegenden der Stadt heraus. Dort gibt es kleine, verfallene Häuser und kaputte Straßen. Die Menschen laufen kreuz und quer und warfen mir verwunderte Blicke zu. Ich fühle mich recht unsicher. Zumal an der nächsten Straßenecke einige Herren stehen, die sich mir mit langsamen Schritten nähern. Auf einmal höre ich, wie ein Auto neben mir bremst und stehenbleibt. „Wo ich denn hingehen möchte?“, fragt mich ein junger Herr in gutem Englisch. „Zu den Petronas“, entgegne ich. Da hätte ich mich wohl etwas verlaufen! Stimmt! Diese Gegend sei recht gefährlich für Ausländer, sagt mir der Mann, der sich gleich darauf als Angestellter einer großen Malayischen Bank ausweisen kann. Er könne mich einige Meter bis zur Hauptstraße mitnehmen. Dort sei ich sicher. Obwohl ich bisher noch nie per Anhalter oder bei jemandem mitgefahren war, den ich nicht kannte, nehme ich sein Angebot an. Er sei auch nur hierher gefahren, da er dort Geld eintreiben müsse. Die meisten Haushalte seien hoffnungslos überschuldet. Wie besprochen, setzt er mich auf dem Parkplatz der Bank ab. Puh, das habe ich also geschafft. Die restlichen Meter zu den Petronas lege ich dann auf der Hauptstraße zurück.

Batu CavesFür den Nachmittag habe ich mir eine Tour zu den Batu Caves, dem Heiligtum der Hindus, vorgenommen. Mit einer kleinen Gruppe überwiegend deutschsprachiger Touristen fahren wir zuerst zu einer „Pewter Factory“. In der weltgrößten Zinn-Fabrik werden wir von einem engagierten firmeneigenen Touri-Führer durch die riesigen Hallen begleitet. Dort gehen Hunderte von Malayen für nur wenig Geld ihrer Arbeit nach. Mit viel Enthusiasmus werden nach dem Rundgang Aufkleber an alle Leute verteilt: „I have visited the world’s largest pewter factory“. Unsere nächste Station bringt uns Tiere näher, auf deren Präsenz wir in der freien Wildnis verzichten können: Skorpione. Hier gibt es Hunderte diese tödlichen „Greifzangen“, die sich nach Größe und Farbe enorm unterscheiden. In einem kleinen Museum werden auch seltene Arten ausgestellt, von poppig pink über zartes gelb bis zum bekannten schwarzen Skorpion ist hier alles vertreten.

Etwa 45 Minuten nördlich von Kuala Lumpur liegen die Batu Caves. Bevor ich die 272 Stufen zu den Höhlen hinaufsteige, besichtige ich den Hindu-Tempel. Auf dem Weg dorthin gibt es einige Touristen-Shops und kleine Stände mit Speisen und Getränken. Ein Beweis für die steigenden touristischen Aktivitäten in den Batu Caves. Überall sitzen Paviane auf der Straße und laufen mit ihren flinken Bewegungen zwischen den Besuchern umher. Nun gehe ich die breit angelegte Treppe zu den riesigen Höhlen, die in einer atemberaubenden Atmosphäre liegen, hinauf. Sie sind gigantisch, auch die Dachkuppel im „Cathedral Cave“ ist ein Blick wert. Es gibt viele kleine Gebetsstellen mit hunderten von bunt bemalten hinduistischen Götterfiguren. Im „Poet’s Cave“ sind die Verse von Tamilen Dichtern festgehalten.

Die Kalkstein-Höhlen wurden im 18. Jahrhundert von einer Gruppe britischer Forscher entdeckt. 1891 nahmen hinduistische Priester die Batu Caves als Zufluchtsort für Lord Murugan, der bei den Hindus als heilig gilt, an. Anfang eines jeden Jahres feiern die Hindus das Thaipusam Festival zu Ehren von Lord Murugan, der damals einen heiligen Speer bekam, um die Quellen des Bösen zu besiegen. Mehr als 500.000 Hindus pilgern alljährlich zu dieser Stätte und versuchen, für ihre Sünden zu büßen. Sie tun dies auf verschiedene Art und Weise. Einige bestrafen sich mit Piercings, andere tragen einen „kavadi“ (Rahmen mit Phau-Federn und Fotos der Hindu-Götter). Viele Gläubige tragen auch einfach Seife, Rosenwasser oder Kokosnüsse, um ihre Opfergabe auszudrücken. Natürlich gibt es auch in den Kalksteinhöhlen kleine Verkaufsstände, die Andenken wie Bücher, Kassetten etc. verkaufen. Ich kaufe die Musikkassette (!) einer indischen Hindu-Größe und dazu ein kleines Büchlein über den Hinduismus. Diese Kultur hat mich zutiefst fasziniert und ich möchte mehr über diese Menschen erfahren.

Am nächsten Morgen muss sich schon früh zum Flughafen. Da zu dieser frühen Stunde noch kein Bus fährt, nehme ich ein Taxi. Obwohl in Malaysia eigentlich alles wesentlich weniger als in Deutschland kostet, ist die lange Taxifahrt zum Flughafen entsprechend teuer. Ich suche also einen „Flughafen-Taxi-Partner“ und finde ihn. Es ist ein Franzose mit dem Namen Mathias. Er ist weitgereist. Von Frankreich über Asien bis nach Australien und Neuseeland hat er in sechs Monaten große Teile der Welt kennengelernt. Heute morgen fliegt er in seine Heimat zurück. Seinen Job als IT-Spezialist hatte er kurz vor seiner Abreise verloren. Der perfekte Startschuss für eine aufregende Reise. Kuala Lumpur sei eine der schönsten und spannendsten Städte, die er gesehen habe. Und er hat viel erlebt. Jakarta und Bangkok seien vergleichsweise langweilig. Wieder zu Hause in Paris wolle er sich mit Völkerkunde beschäftigen. Die Kulturen dieser Erde hätten ihn so sehr fasziniert, dass er keine Lust mehr auf Computer habe. Irgendwie verständlich, denke ich.

Kurz vor dem Flughafen schreit der Taxifahrer auf. Dort sei die berühmte Malaysia Formel Eins-Rennstrecke, auf der Michael Schumacher seine Erfolge feiert. Der andere Schumi hätte aber leider noch nicht gewonnen, teilt er mit bedauerlichem Gesichtsausdruck mit. Als wir am Flughafen ankommen, versucht er mir, den doppelten Fahrpreis abzuverlangen. Ich hatte schon vorher mein Geld zusammengezählt und gebe ihm den passenden, ausgehandelten Betrag. Ich lächle, er zeigt ein verkrampftes Grinsen.

Der Pracht-Flughafen fasziniert mich wie am Ankunftstag. Den Song von Enrique Iglesias, in dem er Kuala Lumpur besingt, höre ich noch Monate nach meinem Aufenthalt. Ich erinnere mich noch gerne an diese faszinierende Stadt. Kuala Lumpur wird mich so schnell nicht wieder loslassen.

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